Schwangere beim Kurzhantel Training
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Mit Beginn der Schwangerschaft beginnt im Leben vieler Frauen eine Zeit der körperlichen Passivität. Nur 15 % der Schwangeren erfüllen das empfohlene Mindestmaß an körperlicher Aktivität. Viele Frauen haben Angst, dass Sport ihrem ungeborenen Baby schaden könnte, oder dass sie sich selbst verletzen könnten. Auch körperliche Beschwerden wie Übelkeit, Müdigkeit und Rückenschmerzen können dazu beitragen, dass Frauen weniger Lust haben, sich zu bewegen.

Noch größer ist die Unsicherheit, wenn es um die Frage geht, ob Kraft- bzw. Widerstandstraining in der Schwangerschaft weiterhin möglich ist. Zu den klassischen Schwangerschaftssportarten gehören ja eher vermeintlich sanftere Bewegungsformen wie Yoga, Schwimmen oder Gymnastik. Dass sich überhaupt so viele Frauen für Krafttraining interessieren, ist erst ein Phänomen der letzten 10 Jahre. Mittlerweile gibt es eine Reihe an Frauen, die vor Beginn der Schwangerschaft ihre Kraft und Ausdauer mit freien Gewichten, Maschinen und Bodyweight-Übungen trainiert haben, und die so erlangte Fitness auch gerne in der Zeit der Schwangerschaft erhalten möchten. Gleichzeitig herrscht große Unsicherheit, inwieweit die gewohnte Trainingsroutine unter den veränderten körperlichen Voraussetzungen fortgeführt werden darf.

Dabei ist Krafttraining in der Schwangerschaft längst kein Tabuthema mehr – im Gegenteil: ein moderates Training mit Widerständen wird mittlerweile auch von Experten und Gesundheitsorganisationen empfohlen. Die Liste an positiven gesundheitlichen Effekten für Mutter und Baby ist lang. Dennoch sollte die Trainingsroutine in der Schwangerschaft an die veränderten körperlichen Voraussetzungen angepasst werden. Das betrifft u.a. die Intensität, Häufigkeit und Übungsauswahl. Wenn Du unsicher bist, ob Du in der Schwangerschaft trainieren darfst, spreche im Voraus mit Deinem Arzt oder Deiner Hebamme. Das Bestehen einer Risikoschwangerschaft sollte unbedingt ausgeschlossen werden.

Welche Vorteile bietet Sport in der Schwangerschaft?

Krafttraining in der Schwangerschaft bietet viele Vorteile für die werdende Mutter und das ungeborene Baby – sofern es den veränderten körperlichen Voraussetzungen angepasst wurde und korrekt und sicher ausgeführt wird. So verbessert es die Kraft und Ausdauer, beugt Haltungsfehler und Rückenschmerzen vor, stärkt den Beckenboden und beschleunigt den Genesungsprozess nach der Geburt.

Darüber hinaus kann regelmäßiger Sport in der Schwangerschaft dazu beitragen, das Risiko von Komplikationen während der Schwangerschaft zu verringern, einschließlich Schwangerschaftsdiabetes, hohem Blutdruck und vorzeitigen Wehen. Außerdem fällt es aktiven Schwangeren leichter, die Gewichtszunahme während der Schwangerschaft im Rahmen zu halten und das Risiko von Übergewicht und Fettleibigkeit nach der Geburt zu verringern.

Auch die mentale Gesundheit der werdenden Mutter kann durch Sport und Bewegung gefördert werden. Regelmäßige Bewegung kann dazu beitragen, die Stimmung zu verbessern und das Risiko von Depressionen und Angstzuständen zu verringern. Durch regelmäßige Bewegung werden Endorphine („Glückshormone“) ausgeschüttet, was zu einem Gefühl von Wohlbefinden und Zufriedenheit führen kann: Die werdende Mutter fühlt sich wohler und selbstbewusster, was wiederum einen positiven Einfluss auf die eigene Körperwahrnehmung in der Schwangerschaft hat.

Was musst Du beim Krafttraining in der Schwangerschaft beachten?

Was das Thema Krafttraining in der Schwangerschaft angeht, gibt es keine One-size-fits-all Lösung. Ob Krafttraining in der Schwangerschaft für Dich in Frage kommt und wie viel Gewicht Du heben darfst, hängt von Deinem Fitnessniveau, Deiner Erfahrung im Krafttraining, Deinem Schwangerschaftsverlauf und Deinem aktuellen Gesundheitszustand ab.

Wichtig ist, dass der Fokus weniger auf dem Aufbau als auf dem Erhalt Deiner Kraft und Ausdauer liegen sollte. Hierfür ist es sinnvoll, leichtere Gewichte und Widerstände zu wählen und im höheren Wiederholungsbereich zu trainieren. Wenn Du seltener trainierst, dann solltest Du vor allem Ganzkörpertrainings machen, anstatt Dich auf wenige einzelne Körperregionen zu konzentrieren. Hervorragend geeignet sind Verbundübungen, bei denen mehrere Muskelgruppen gleichzeitig angesprochen werden (bspw. Squats + Overhead Press). Diese Art von Übungen verbessern die Ausdauer, die Koordination und die Funktionalität des Körpers.

Wer noch keine Erfahrung mit Krafttraining hat, sollte es besonders ruhig angehen lassen. Auf das Training mit Zusatzgewichten sollte dann evtl. besser verzichtet werden (ausgenommen sehr leichter Gewichte). Stattdessen kann ein Training mit dem eignen Körpergewicht oder Widerstandsbändern sinnvoller sein. Außerdem sollten Anfängerinnen auf jedem Fall mit Übungen im höheren Wiederholungsbereich beginnen und sich auf die korrekte Ausführung der Bewegung konzentrieren. Nach und nach kann dann auch das Gewicht etwas gesteigert werden.

Trainiere mit 70-80 % Deiner Maximalkraft

Wähle beim Training ein moderates Zusatzgewicht. Auch wenn Du vor der Schwangerschaft schwerer gehoben hast und Dich auch mit Babybauch noch dazu bereit fühlst, gehe lieber auf Nummer sicher und reduziere das Zusatzgewicht auf etwa 70-80 % dessen, was Du gewohnt bist. (Wenn Du vor der Schwangerschaft Kniebeugen mit einer 30 Kg Hantelstange ausgeführt hast, dann führe die Übung nun mit max. 25 Kg Zusatzgewicht aus). Eine Leistungssteigerung findet nun nicht mehr statt, trotzdem kannst Du mit 70-80 % Deiner Maximalkraft Deine Kraft und Ausdauer ohne große Einbuße erhalten. Die schwangerschaftsbedingten kardiovaskulären Veränderungen, das ungewohnte Zusatzgewicht (Gewicht des Babys, gesteigertes Blutvolumen, Wassereinlagerungen) sowie die veränderte Körperstatik erschweren das Workout sowieso derart, dass die meisten Schwangeren das Training mit reduzierter Intensität trotzdem als anstrengend empfinden.

Sorge für einen sicheren Halt

Mache eine Übung nur, wenn Du sie sicher ausführen kannst. Das kann bedeutet, dass Du manche Übungen lieber an Maschinen durchführst (die Du zu benutzen weißt) oder Übungen wählst, bei denen Du einen stabilen Halt hast. Wenn Du gezielt Übungen durchführst, bei denen auch Balance gefragt ist, dann solltest Du dabei immer die Möglichkeit haben, Dich jederzeit abzustützen bzw. festzuhalten.

Mehr Wiederholungen mit leichten Gewichten

Trainiere mit leichteren Gewichten im höheren Wiederholungsbereich. Wie gesagt, der Fokus beim Krafttraining in der Schwangerschaft sollte auf dem Erhalt (und im Falle von Trainingsanfängerinnen auf dem moderaten Aufbau von Kraft und Ausdauer liegen). Eine Leistungssteigerung erzielst Du beim Krafttraining vor allem mit Übungen im niedrigen Wiederholungsbereich. Hierzu müssen allerdings entsprechend hohe Gewichte gewählt werden. Da das Heben schwerer Gewichte in der Schwangerschaft zu Komplikationen führen kann, solltest Du unbedingt leichtere Gewichte wählen, mit denen Du mind. 10 Wiederholungen fehlerfrei durchführen kannst. Für die meisten Übungen sind 12 bis 20 Wiederholungen optimal.

Mache Übungen für Dich passend

Wenn Du auf Zeit trainierst, also eine Übung für eine bestimmte Zeitspanne durchführst, dann passe die Übung so an, dass Du sie ohne extreme Anstrengung bis zum Schluss durchführen kannst. Du darfst auch mit Babybauch leicht schwitzen und schneller atmen, allerdings solltest Du nicht völlig aus der Puste sein. Eventuell sind hierfür Anpassung in der Übungsposition oder Durchführung notwendig. Wenn Du z.B. einen seitlichen Plank 40 Sek. halten möchtest, ist es ggf. sinnvoll, die Übung mit abgestütztem Knie am Boden durchzuführen.

Achte auf Deine Körperhaltung

Achte auf eine gute Körperhaltung während der gesamten Übungsausführung. Im Verlauf der Schwangerschaft lockert das Hormon Relaxin Sehnen und Bänder. Das führt dazu, dass Deine Gelenke instabiler und verletzungsanfälliger werden. Schnelle, unkontrollierte Bewegungen können bei einer ungünstigen Gelenksituation ernsthafte Verletzungen nach sich ziehen. Wenn Du unsicher bist, ob Du eine Übung mit sauberer Haltung durchführen kannst, filme Dich bei der Ausführung selbst (natürlich ohne Zusatzgewicht) oder ziehe einen Fitness-Experten zu Rate. Wenn Du spürst, dass Du eine Übung nicht mehr kontrolliert durchführen kannst, dann beende diese und wähle eine Variante, die Du ohne Haltungseinbuße durchführen kannst.

Atme gleichmäßig ein und aus

Atme beim Training gleichmäßig ein und aus und vermeide Pressatmung, wie sie z.B. beim Valsalva-Manöver zum Einsatz kommt. Das Valsalva-Manöver beschreibt die forcierte Expiration gegen die verschlossene Mund- und Nasenöffnung bei gleichzeitigem Einsatz der Bauchpresse. Diese Atemtechnik kommt häufig beim Krafttraining oder beim Heben schwerer Gewichte zum Einsatz, da durch den inneren Druck im Bauch und im Brustkorb der Torso stabilisiert werden kann. Gleichzeitig ist ein Kraftanstieg von bis zu 10 % möglich. Dies führt allerdings auch zu einem schnellen Anstieg des Blutdrucks, was temporär zu einer Reduktion des fetalen Blutflusses führen kann. Ob dies negative Auswirkungen auf den Fetus hat, ist unbekannt. Eine Schwangere sollte daher lieber auf Nummer sicher gehen und bei körperlicher Belastung kontrolliert ein- und ausatmen.

Wärme Dich vor jeder Trainingseinheit auf

Wie oben schon geschrieben: In der Zeit der Schwangerschaft werden die Gelenke weicher und gleichzeitig auch instabiler und verletzungsanfälliger. Durch das Warm-Up werden Muskeln, Bänder, Gelenke und das Herz-Kreislaufsystem auf die Belastung vorbereitet. Der gesamte Bewegungsapparat ist nun belastbarer und Bänder und Sehnen sind elastischer. Zudem verbessert sich das Zusammenspiel von Nerven und Muskeln und die Reaktionsgeschwindigkeit steigt. Gerade in der Schwangerschaft ist Aufwärmen so wichtig, weil es dazu beitragen kann, Verletzungen zu vermeiden und die körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern.

Fazit

Du siehst, Krafttraining ist auch in der Schwangerschaft weiterhin möglich. Die Vorbehalte gegen das Ausführen dieser Sportart hängen maßgeblich damit zusammen, dass Kraftsport mit dem Heben schwerer Gewichte gleichgesetzt wird. Worum es beim Krafttraining aber eigentlich geht, ist die zielgerichtete Stärkung der Muskeln durch Widerstandstraining. Dies kann mit freien Gewichten, Maschinen, Widerstandsbändern oder dem eigenem Körpergewicht durchgeführt werden.

Auch die klassischen Schwangerschaftssportarten wie Yoga, Schwimmen, Pilates oder Gymnastik zielen auf eine Kräftigung der Muskulatur und eine Verbesserung der Herz-Kreislauf-Gesundheit ab. Dies kann also kein Gegenargument gegen Kraftsport in der Schwangerschaft sein.nLetztendlich sollte eine Schwangere bei jeder körperlicher Belastung aufmerksam auf ihren Körper hören und auf Anzeichen von Überanstrengung oder Unbehagen achten. Die richtige Körperhaltung, die regelmäßige, kontrollierte Atmung und die fehlerfreie Ausführung von Bewegungsmustern ist in allen Sportarten Grundvoraussetzung für den Erhalt der Gesundheit von Mutter und Baby.

Wenn Du in der Schwangerschaft weiterhin Krafttraining betreiben möchtest, dann passe Deine Routine unbedingt an die veränderten körperlichen Voraussetzungen an und kläre mit Deinem Arzt oder Deiner Hebamme im Voraus ab, ob Du gesund bist und keine Risikoschwangerschaft besteht. Als gesunde Schwangere kannst Du mit einer schwangerschaftsspezifischen Trainingsroutine von den zahlreichen Vorteilen von Sport in der Schwangerschaft profitieren und nach der Geburt leichter zu Deiner früheren Leistungsfähigkeit zurückkehren.

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