Wenn wir körperlich aktiv sind, benötigen unsere Körperzellen mehr Sauerstoff zur Energiegewinnung. Um diesen erhöhten Sauerstoffbedarf zu decken, erhöht der Körper die Geschwindigkeit und Tiefe der Atmung. Auf diese Weise gelangt mehr Sauerstoff über die Atemwege zu den Körperzellen. Gleichzeitig werden Abfallprodukte wie Kohlendioxid schneller aus dem Körper entfernt. Eine optimale Sauerstoffversorgung ist die Grundlage dafür, dass unsere Muskeln effektiv arbeiten können.
Die beschleunigte Atmung hat allerdings nicht nur Einfluss auf die Energieversorgung, sondern auch auf die Herzfrequenz und den Blutdruck. Wenn eine Schwangere Sport treibt, dann haben diese kardiovaskulären Anpassungen eine Reihe von Auswirkungen auf den Fötus. Was Dir richtige Atmung beim Sport in der Schwangerschaft ist und welche Form der Atmung für Mutter und Baby als sicher gelten, erfährst Du in diesem Artikel.
Was passiert bei der Atmung?
Bei der Atmung werden Sauerstoff und Kohlendioxid ausgetauscht. Der Sauerstoff, den wir einatmen, wird von unseren Lungen in das Blut aufgenommen und von dort aus an die Zellen des Körpers weitergeleitet. Die Zellen verbrauchen den Sauerstoff, um Energie zu produzieren, die für alle Körperfunktionen benötigt wird. Währenddessen produzieren die Zellen als Abfallprodukt Kohlendioxid, das über das Blut an die Lungen weitergeleitet wird und beim Ausatmen den Körper wieder verlässt.
Über die Lungenbläschen gelangt der Sauerstoff schließlich in den Blutkreislauf und wird von den roten Blutkörperchen aufgenommen und vom Herzen in den gesamten Körper gepumpt. So gelangt der Sauerstoff zu den Körperzellen und wird von den Mitochondrien zur Energiegewinnung genutzt.
Die Atemfrequenz (Atemzügen pro Minute) variiert von Person zu Person und hängt von verschiedenen Faktoren wie Alter, Größe, Gewicht und Geschlecht ab. Im Durchschnitt atmen Erwachsene zwischen 12 und 20 Mal pro Minute ein und aus. Bei intensiver körperlicher Aktivität kann die Atemfrequenz auf 40 bis 50 Züge pro Minute ansteigen. So kann der Körper in kürzerer Zeit mehr Sauerstoff zur Energiegewinnung nutzen.
Wie verändert sich die Atmung in der Schwangerschaft?
Das Herz schlägt bei Schwangeren für zwei: für die Mutter und das ungeborene Kind. Um das Baby während der Schwangerschaft optimal zu versorgen, kommt es zu diversen Veränderungen im kardiovaskulären System der werdenden Mutter.
– Um das Baby mit ausreichend Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen, muss das Herz mehr Blut durch den Körper befördern. Die Blutmenge, die das Herz jede Minute pumpt, erhöht sich im Laufe der Schwangerschaft um etwa 40%. Damit steigt auch der übliche Ruhepuls von rund 70 Schlägen pro Minute (bpm) auf bis zu 90 bpm.
– Während der Schwangerschaft sinkt der Blutdruck normalerweise leicht, da das Hormon Progesteron dazu beiträgt, die Gefäße zu entspannen. Ein niedriger Blutdruck in der Schwangerschaft ist im Gegensatz zur Hypertonie in den meisten Fällen nicht mit ernsthaften Komplikationen verbunden. Häufig äussert sich ein niedriger Blutdruck in der Schwangerschaft jedoch durch Kopfschmerzen, Schwindel und Müdigkeit.
– Manche Schwangere leiden bereits in der Frühschwangerschaft unter Kurzatmigkeit. Dadurch dass mehr Blut durch den Körper der Schwangeren zirkuliert, steigt auch der Sauerstoffbedarf und die Atmung wird schneller. Am Ende der Schwangerschaft ist die Gebärmutter sehr groß geworden und presst das Zwerchfell nach oben. Dadurch bleibt der Lunge weniger Raum, um sich auszudehnen.
Auch wenn sich diese körperlichen Anpassungsprozesse manchmal unangenehm anfühlen, so besteht erst einmal kein Grund zur Sorge. Viele Schwangere leiden phasenweise unter Kurzatmigkeit oder Müdigkeit. Gerade beim Sport in der Schwangerschaft geraten sie daher schneller aus der Puste. Sobald sich der Kopf des Babys in das Becken absenkt, fällt der Mutter das Atmen wieder leichter, da die Lunge nun wieder mehr Platz hat.
Ebenso gut ist es möglich, dass Du Deine Schwangerschaft ganz ohne Kurzatmigkeit und Beeinträchtigung Deiner Atmung erlebst. Insbesondere Frauen, die mit einem trainierten Herz-Kreislauf-System in die Schwangerschaft starten, leiden seltener an Beschwerden. Ihnen fällt es leichter, die körperlichen Veränderungsprozesse zu kompensieren.
Die richtige Atmung beim Krafttraining
Während der körperlichen Anstrengung nimmt der Sauerstoffbedarf des Körpers zu, um die Muskeln mit ausreichend Energie zu versorgen. Dies führt zu einer Erhöhung der Atemfrequenz und einer Zunahme der Atemtiefe. Je mehr wir uns körperlich anstrengen, desto mehr Sauerstoff braucht unser Muskelgewebe. Durch die richtige Atemtechnik kannst Du Deine Leistung beim Sport gezielt verbessern.
Die richtige Atemtechnik beim Krafttraining hilft Dir, Spannung im Rumpf aufzubauen und den Körper zu stabilisieren. Das ist vor allem beim Training mit schweren Gewichten entscheidend: Je mehr Stabilität Du im Körper hast, desto mehr Kraft kannst Du aufbringen und somit auch Deine Leistung verbessern.
Als Faustregel gilt, während der konzentrischen Phase (Anspannung) auszuatmen und während der exzentrischen Phase (Entspannung) einzuatmen. Beim Heben der Gewichte atmest Du also aus und beim Senken der Gewichte wieder ein. Am Beispiel der Übung Bankdrücken: Beim Hochdrücken des Gewichts ausatmen, als würdest Du das Gewicht von Dir wegpusten, und beim Herablassen einatmen.
Wer sich mit der richtigen Atmung beim Krafttraining vertraut macht, neigt anfangs dazu, sich so sehr auf die Atmung zu konzentrieren, dass diese nicht mehr natürlich fließt. Gerade der Vorsatz in einem bestimmten Rhythmus tiefe Atemzüge zu nehmen, bewirkt dann oft das Gegenteil: Man gerät schnell aus der Puste und empfindet dies als unangenehm.
Beginne daher erst einmal damit, Deine Atmung bewusst wahrzunehmen und auch bei Belastung die Luft nicht anzuhalten, sondern gleichmäßig weiterzuatmen. Im nächsten Schritt kannst Du an der Qualität Deiner Atmung arbeiten und diese mit Deinem Bewegungsablauf harmonisieren. Es hilft, wenn Du Dir auch in den Übungspausen angewöhnst, intensive Atemzüge in einer niedrigen Frequenz zu nehmen. Damit trainierst Du Deine Atemmuskulatur und kannst die Technik auch beim Workout leichter abrufen.
Was ist Pressatmung?
Viele Menschen neigen dazu, bei körperlicher Belastung die Luft anzuhalten oder in die Pressatmung zu verfallen. Ausgelöst wird die Pressatmung durch den Verschluss der oberen Atemwege. Dies führt zu einer Druckerhöhung und Stabilisierung des Brustkorbes. Oft erfolgt die Pressatmung automatisch beim Training mit schweren Gewichten. Ein hochroter Kopf und das Hervortreten der Halsschlagader sind klare Anzeichen für Pressatmung.
Im Kraftsport wird die Pressatmung, auch Valsalva-Manöver genannt, gezielt eingesetzt, um den Torso zu stabilisieren und mehr Kraft zu entfalten. Dennoch birgt die Pressatmung gewisse Risiken: Durch den erhöhten Druck im Brustinnenraum und der daraus resultierenden Beeinträchtigung des Blutrückflusses zum Herzen, ist keine regelrechte Durchblutung des Herzens gegeben. Dies kann zu hohen Blutdruckspitzen führen.
Das ist per se nicht gefährlich. Eine kurzzeitige Erhöhung des Blutdrucks kann von gesunden Sportlern – und vor allem jungen Menschen gut kompensiert werden. Ältere Menschen, Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen bzw. -beschwerden sollten die Pressatmung aus Sicherheitsgründen jedoch vermeiden.
Ist das Valsalva-Manöver für Schwangere gefährlich?
Immer wieder liest man, dass Schwangere beim Training auf den Einsatz des Valsalva-Manövers verzichten sollten, da es den mütterlichen Blutdruck und den intraabdominalen Druck erhöhen könnte. Die Vermutung liegt nahe, dass das Blut bei körperlicher Belastung der Mutter von der Plazenta abgezweigt wird, um den Blutfluss in den mütterlichen Extremitäten zu optimieren. Die Folge wäre ein verringerter Blutfluss zum Fötus während des Krafttrainings.
Eine aktuelle Studie (Gould 2021) ist nun allerdings zu dem Ergebnis gekommen, dass sehr anstrengendes Widerstandstraining nicht zu einer signifikanten Reduzierung des plazentaren Blutflusses führt. Die 22 Teilnehmerinnen dieser Studie waren Freizeitsportlerinnen in der 13. bis 28. SSW. Als Marker für schweres Widerstandstraining galt ein 1-Repetitions-Maximum (1 RM), durchgeführt an einer modifizierten Brustpresse. 1 RM ist das maximale Gewicht, mit dem ein Sportler genau EINE Wiederholung einer Übung durchführen kann. Dabei muss die Übung technisch korrekt über die vollständige Bewegungsamplitude durchgeführt werden. Die Durchblutung der Plazenta wurde in der Ruhe- und Hebephase bestimmt.
Das Ergebnis: Schweres Widerstandstraining führte bei den schwangeren Sportlerinnen nicht zu einer signifikanten Verringerung des plazentaren Blutflusses im Vergleich zum Ruhezustand. Das würde bedeuten, dass sogar ein Training im Maximalkraft-Bereich unter Anwendung des Valsalva-Manövers keine negativen Auswirkungen auf die Blut- und Nährstoffversorgung des Fötus mit sich bringt. In den offiziellen Guidelines zu Sport in der Schwangerschaft wird derzeit allerdings noch von der Anwendung des Valsalva-Manövers abgeraten.
Die Frage, ob Pressatmung beim Heben schwerer Lasten für Schwangere bedenklich ist, ist allerdings nur für wenige Sportlerinnen relevant. Und zwar für fortgeschrittene Sportlerinnen, die bereits vor Beginn der Schwangerschaft Maximalkraft-Training (mit etwa 3-5 Wiederholungen pro Satz) durchgeführt haben. Wenn Du vor der Schwangerschaft nicht schon mit schweren Gewichten trainiert hast, solltest Du nun auf keinen Fall damit beginnen. (Hier erfährst Du mehr zum Thema Trainingsintensität in der Schwangerschaft)
Somit erübrigt sich die Frage nach den Gefahren des Valsalva-Manövers für alle moderat trainierenden Freizeitsportlerinnen. Wenn beim Workout nur leichte bis mittelschwere Gewichte zum Einsatz kommen, ist es auf jeden Fall sinnvoll gleichmäßige Atemzüge zu nehmen.
Mehr Sauerstoff durch Bauchatmung
Eine Atemtechnik, die es Dir ermöglicht, mit einem Atemzug noch mehr Luft einzuatmen und somit die Sauerstoffversorgung für Dich und Dein Baby zu verbessern, ist die Bauchatmung. Bei dieser Art der Atmung wird die Luft hauptsächlich in den Bauch eingeatmet.
Beim Einatmen zieht sich das Zwerchfell nach unten und erweitert den Brustraum. Dies führt dazu, dass der Druck im Brustraum sinkt und Luft von außen in die Lungen strömt. Dabei verringert sich der Platz unterhalb des Zwerchfells. Die Bauchorgane verlagern sich entsprechend und die Bauchdecke hebt sich. Beim Ausatmen entspannt sich das Zwerchfell und der Brustraum verengt sich wieder, wodurch Luft aus den Lungen entweicht. Bei der Brustatmung wird die Atmung dagegen maßgeblich durch die Zwischenrippenmuskulatur gesteuert, die eine Erweiterung bzw. Verengung des Brustkorbes bewirkt.
Im Allgemeinen werden Brust- und Bauchatmung miteinander kombiniert. Dabei verbraucht die Bauchatmung weniger Energie als die Brustatmung, ist entspannter und ruhiger. Sie wird oft als Entspannungstechnik eingesetzt, da sie dazu beitragen kann, Stress und Anspannung zu reduzieren und das Wohlbefinden zu verbessern.
Zudem atmet man bei der Bauchatmung tiefer ein, sodass mehr Sauerstoff in die Lungenflügel gelangt. Deshalb kann es sinnvoll sein, die Bauchatmung bewusst zu trainieren, um beim Sport die volle Lungenkapazität auszuschöpfen und dadurch leistungsfähiger zu sein.
Wie kann man die Bauchatmung üben?
Es gibt viele Übungen, mit denen Du Deine Bauchatmung verbessern kannst. Beginne mit einer einfachen Übung, die Du einmal am Tag für etwa 5 Minuten durchführst. Setze Dich entspannt hin und lege die Hände auf Deinen Bauch. Atme jetzt tief in Deinen Bauchraum ein und versuche die Hand durch die Bewegung Deines Bauches nach außen zu bewegen. Atme langsam wieder aus und beobachte, wie Dein Bauch sich wieder senkt. Wenn es sich für Dich gut anfühlt, kannst Du Dich in Gedanken mit Deinem Baby verbinden und jeden Atemzug in den Bauchraum zu Deinem Baby schicken.
Anfangs kann es schwierig sein, während des Workouts auch noch auf die Atemtechnik zu achten. Doch lohnt es sich in der Schwangerschaft mehr denn je, die Atmung zu verbessern, sowohl im Alltag als auch bei körperlicher Belastung. Durch regelmäßige Übung kannst Du Dein körperliches Wohlbefinden steigern und gerätst nicht mehr so leicht aus der Puste. Auch beim Sport bist Du dazu in der Lage, mehr Luft einzuatmen, um Dich und Dein Baby mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen. Gleichzeitig bereitest Du Dich durch das Üben einer gleichmäßigen, tiefen Bauchatmung optimal auf die Geburt Deines Babys vor.
Warum Sport in der Schwangerschaft auch dem Baby gut tut
Wer eine gesunde Schwangerschaft ohne Kontraindikationen erlebt, hat keinen Grund auf Sport zu verzichten. Zwar ist bei vielen Schwangeren die Angst groß, durch körperliche Aktivität die Gesundheit des Babys zu gefährden. Doch das Gegenteil ist der Fall: Sport in der Schwangerschaft hat viele positive Effekte auf das Herz-Kreislauf-System Deines Babys. So führt die verbesserte Durchblutung und Sauerstoffversorgung der Mutter während der körperlichen Aktivität auch zu einer verbesserten Durchblutung und Sauerstoffversorgung des Fötus.
Laut Studien haben Babys, deren Mütter während der Schwangerschaft sportlich aktiv waren, ein geringeres Risiko, während der Geburt an Atemnot zu leiden und ein gesünderes Herz mit einer niedrigeren Ruhe-Herzfrequenz nach der Geburt. Auch die Herzfrequenzvariabilität (HFV) des Babys erhöht sich (Dietz 2016). Das heißt, dem Organismus fällt es leichter, auf Beanspruchungen oder Reize zu reagieren. Eine hohe HFV ist also ein deutliches Anzeichen für Fitness und Gesundheit. Auch wenn Du beim Sport in der Schwangerschaft auch mal schneller und flacher atmest, schadest Du Deinem Baby damit nicht. Im Gegenteil: Dein Kind trainiert schon im Bauch fleißig mit und lernt sich flexibel auf variierende Versorgungssituationen einzustellen.
Fazit: Wie sollten Schwangere beim Sport atmen?
Generell gilt für eine schwangere Sportlerin das gleiche wie für alle anderen Sportler auch. Im Idealfall atmet sie auch bei körperlicher Belastung gleichmäßig ein und aus und nimmt dabei tiefe Atemzüge, um dem Körper ausreichend Sauerstoff zur Energiegewinnung bereitzustellen. Wenn Du Deine Atemtechnik beim Sport verbessern möchtest, dann beginne zunächst damit, Deine Atmung bewusst wahrzunehmen und achte darauf auch im Moment der Anstrengung gleichmäßig weiterzuatmen. Beim Krafttraining ist es sinnvoll, Deine Atmung – wie oben beschrieben – mit dem Bewegungsablauf der Übung zu synchronisieren. Zusätzlich kannst Du es Dir zur Aufgabe machen, Deine Bauchatmung zu verbessern. Das kannst Du ganz einfach in alltäglichen Situationen oder beim Sport zwischen den Übungen praktizieren.